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Einsatz von Narrativen

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Hintergrund

Angesichts der Zielsetzung evidenzbasierter Gesundheitsinformationen stellt sich die Frage, welche Rolle Erfahrungsberichte (Narrative) von Patientinnen und Patienten als Komponente von evidenzbasierten Gesundheitsinformationen haben.

Für diese Fragestellung werden Narrative wie folgt definiert: Narrative geben individuelle Erfahrungen mit Krankheit, Gesundheit oder Pflegebedürftigkeit wieder. Es können kurze Zitate oder längere Berichte zu einzelnen oder mehreren Aspekten einer Erkrankung sein. Oft enthalten Narrative implizit oder explizit Schilderungen von Verhaltensweisen, Bewältigungsstrategien oder Entscheidungsprozessen. In erster oder dritter Person verfasst, folgen sie oft einer Handlung, enthalten konkrete Beispiele, Details und Charaktere. Sie werden als eine Komponente in Gesundheitsinformationen verstanden. Je nach Medium können sie schriftlich, als Video oder als Audioaufzeichnung vorliegen (1-3).

Erfahrungsberichte sind im Journalismus weit verbreitet und werden zunehmend in Gesundheitsinformationen und Entscheidungshilfen eingesetzt (1, 4, 5). Erzählungen sind eine alltägliche Form der Kommunikation, daher gelten Narrative vielfach als leichter verständlich, besser erinnerbar und ansprechender als statistische Informationen, die im Zentrum evidenzbasierter Informationen stehen (6-8).

Es besteht jedoch die Möglichkeit, dass Erfahrungsberichte unerwünschte Wirkungen haben, die dem Anspruch evidenzbasierter Gesundheitsinformationen entgegenstehen, beispielsweise, wenn sie sich überredend auswirken (9-15). Welchen Einfluss sie auf Entscheidungsprozesse haben, ist nicht geklärt.

Eine Schwierigkeit liegt darin, dass der Begriff „Erfahrungsbericht“ nicht genau definiert ist und eine sehr heterogene Gruppe von Informationen einschließt, denen eigentlich nur gemeinsam ist, dass sie eine subjektive Perspektive transportieren. Oft handelt es sich um Erzählungen, in denen eine Person beschreibt, wie sie eine Herausforderung bewältigt hat oder mit einer Situation umgeht.

Erfahrungsberichte sollen unterschiedlichen Zwecken dienen, unter anderem:

  • Sie sollen Interesse an einem Thema wecken.
  • Sie sollen die mit einer Erkrankung verbundenen Emotionen und sozialen Belastungen beschreiben, damit Betroffene eigene Erfahrungen mit den Erfahrungen anderer vergleichen können. Betroffene sehen so, dass sie mit ihren Erfahrungen nicht allein sind.
  • Sie sollen als „Verpackung“ für die Vermittlung von Sachinformationen und faktischem Wissen dienen.
  • Sie sollen Meinungen transportieren und gezielt als Teil von Kampagnen dazu verwendet werden, Risikowahrnehmung und Motivation zu beeinflussen.

In einem einzelnen Erfahrungsbericht können diese Elemente miteinander kombiniert sein. Das kann explizit oder implizit geschehen und es kann gezielt und bewusst oder beiläufig/unbewusst sein. Damit Erfahrungsberichte primär einen Zugang zum Erleben einer Erkrankung und Umgang mit ihren Folgen schaffen, können sie redaktionell so bearbeitet sein, dass sie keine Widersprüche zu Evidenzaussagen und keine expliziten Empfehlungen enthalten.

Bestimmte Typen von Erfahrungsberichten sind darauf ausgerichtet, eine starke Wirkung auf Nutzerinnen und Nutzer zu haben, sie sollen „überredend“ wirken. Die überredende Wirkung von gezielt dazu aufbereiteten Erfahrungsberichten wird in Bereichen der Prävention und Gesundheitsförderung bewusst eingesetzt, insbesondere um spezielle Zielgruppen oder große Populationen im Sinne von Public Health zu erreichen und ihr Verhalten zu beeinflussen (1, 3, 7, 16). In Bereichen der Sozial- und Kognitionspsychologie ist die Annahme, dass persönlich geschilderte Erfahrungen von Ideen überzeugen und Verhalten beeinflussen, etabliert und gut erforscht (17).

Möglicherweise beeinträchtigen aber auch andere Arten von Erfahrungsberichten, dass die verschiedenen Optionen einer Entscheidung gleichermaßen erwogen werden. Die International Patient Decision Aids Standards (IPDAS) Collaboration hat aufgrund der offenen Fragen im Konsens beschlossen, dass Narrative in Entscheidungshilfen enthalten sein können, für eine hohe Qualität aber nicht erforderlich sind (1, 18).

Fragestellung

  1. Welche Effekte haben Narrative in Gesundheitsinformationen im Vergleich zur Sachinformationen allein?
Empfehlung
Evidenztabelle
Volltext
Referenzen
  1. Khangura S, Bennett C, Stacey D, O’Connor AM. Personal stories in publicly available patient decision aids. Patient Education and Counseling. 2008;73(3):456-64.
  2. Kreuter MW, Green MC, Cappella JN, Slater MD, Wise ME, Storey D, et al. Narrative communication in cancer prevention and control: a framework to guide research and application. Annals of Behavioral Medicine: A Publication of the Society of Behavioral Medicine. 2007;33(3):221-35. Epub 2007/06/30.
  3. Winterbottom A, Bekker HL, Conner M, Mooney A. Does narrative information bias individual’s decision making? A systematic review. Social Science & Medicine. 2008;67(12):2079-88.
  4. Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Allgemeine Methoden. Version 4.2. 2015; https://www.iqwig.de/de/methoden/methodenpapier.3020.html, (Zugriff am 11.10.2016).
  5. Shaffer VA, Zikmund-Fisher BJ. All stories are not alike: a purpose-, content-, and valence-based taxonomy of patient narratives in decision aids. Medical decision making: an international journal of the Society for Medical Decision Making. 2013;33(1):4-13. Epub 2012/10/16.
  6. Bunge M, Mühlhauser I, Steckelberg A. What constitutes evidence-based patient information? Overview of discussed criteria. Patient Education and Counseling. 2010;78(3):316-28. Epub 2009/12/17.
  7. Dillard AJ, Fagerlin A, Dal Cin S, Zikmund-Fisher BJ, Ubel PA. Narratives that address affective forecasting errors reduce perceived barriers to colorectal cancer screening. Social Science & Medicine. 2010;71(1):45-52. Epub 2010/04/27.
  8. Feldman-Stewart D, Brennenstuhl S, McIssac K, Austoker J, Charvet A, Hewitson P, et al. A systematic review of information in decision aids. Health expectations: an international journal of public participation in health care and health policy. 2007;10(1):46-61. Epub 2007/02/28.
  9. Betsch C, Ulshofer C, Renkewitz F, Betsch T. The influence of narrative v. statistical information on perceiving vaccination risks. Medical decision making: an international journal of the Society for Medical Decision Making. 2011;31(5):742-53. Epub 2011/03/31.
  10. Betsch C, Renkewitz F, Haase N. Effect of narrative reports about vaccine adverse events and bias-awareness disclaimers on vaccine decisions: a simulation of an online patient social network. Medical decision making: an international journal of the Society for Medical Decision Making. 2013;33(1):14-25. Epub 2012/08/10.
  11. Fagerlin A, Wang C, Ubel PA. Reducing the influence of anecdotal reasoning on people’s health care decisions: is a picture worth a thousand statistics? Medical decision making: an international journal of the Society for Medical Decision Making. 2005;25(4):398-405. Epub 2005/08/03.
  12. Rook KS. Encouraging preventive behavior for distant and proximal health threats: effects of vivid versus abstract information. Journal of Gerontology. 1986;41(4):526-34. Epub 1986/07/01.
  13. Rook KS. Effects of Case History versus Abstract Information on Health Attitudes and Behaviors. Journal of Applied Social Psychology. 1987;17(6):533-53.
  14. Ubel PA, Jepson C, Baron J. The inclusion of patient testimonials in decision aids: effects on treatment choices. Medical decision making: an international journal of the Society for Medical Decision Making. 2001;21(1):60-8. Epub 2001/02/24.
  15. Winterbottom AE, Bekker HL, Conner M, Mooney AF. Patient stories about their dialysis experience biases others‘ choices regardless of doctor’s advice: an experimental study. Nephrology, dialysis, transplantation: official publication of the European Dialysis and Transplant Association – European Renal Association. 2012;27(1):325-31. Epub 2011/06/07.
  16. Bandura A. Health promotion by social cognitive means. Health Education & Behavior: Tthe official Publication of the Society for Public Health Education. 2004;31(2):143-64. Epub 2004/04/20.
  17. Enkin MW, Jadad AR. Using anecdotal information in evidence-based health care: heresy or necessity? Annals of oncology: official journal of the European Society for Medical Oncology(ESMO). 1998;9(9):963-6. Epub 1998/11/18.
  18. Elwyn G, O’Connor A, Stacey D, Volk R, Edwards A, Coulter A, et al. Developing a quality criteria framework for patient decision aids: online international Delphi consensus process. British Medical Journal (Clinical research ed). 2006;333(7565):417. Epub 2006/08/16.
  19. Bollinger S, Kreuter MW. Real-time moment-to-moment emotional responses to narrative and informational breast cancer videos in African American women. Health Education Research. 2012;27(3):537-43. Epub 2012/04/14.
  20. Greene K, Brinn LS. Messages influencing college women’s tanning bed use: statistical versus narrative evidence format and a self-assessment to increase perceived susceptibility. Journal of Health Communication. 2003;8(5):443-61. Epub 2003/10/08.
  21. Kreuter MW, Holmes K, Alcaraz K, Kalesan B, Rath S, Richert M, et al. Comparing narrative and informational videos to increase mammography in low-income African American women. Patient Education and Counseling. 2010;81(Suppl):S6-14. Epub 2010/11/13.
  22. Mazor KM, Baril J, Dugan E, Spencer F, Burgwinkle P, Gurwitz JH. Patient education about anticoagulant medication: is narrative evidence or statistical evidence more effective? Patient Education and Counseling. 2007;69(1-3):145-57. Epub 2007/10/19.
  23. McDonald DD, Goncalves PH, Almario VE, Krajewski AL, Cervera PL, Kaeser DM, et al. Assisting women to learn myocardial infarction symptoms. Public Health Nursing. 2006;23(3):216-23. Epub 2006/05/11.
  24. Ricketts M, Shanteau J, McSpadden B, Fernandez-Medina KM. Using stories to battle unintentional injuries: narratives in safety and health communication. Social Science & Medicine. 2010;70(9):1441-9. Epub 2010/02/24.
  25. Slater MD, Buller DB, Waters E, Archibeque M, LeBlanc M. A test of conversational and testimonial messages versus didactic presentations of nutrition information. Journal of Nutrition Education & Behavior. 2003;35(5):255-9.
  26. de Wit JBF, Das E, Vet R. What Works Best: Objective Statistics or a Personal Testimonial? An Assessment of the Persuasive Effects of Different Types of Message Evidence on Risk Perception. Health Psychology. 2008;27(1):110-5.
  27. Cody R, Lee C. Behaviors, beliefs, and intentions in skin cancer prevention. Journal of Behavioral Medicine. 1990;13(4):373-89. Epub 1990/08/01.
  28. Prati G, Pietrantoni L, Zani B. Influenza Vaccination: The Persuasiveness of Messages Among People Aged 65 Years and Older. Health Communication. 2012;27(5):413-20.

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